15. Mai 2015

Ein ganz großer Wurf

Mittlerweile ist es fast eine Tradition, daß ich mich am Herrentag zu unseren tschechischen Nachbarn verkrümel. Die Horden entgleister Männer auf dem Elbradweg brauche ich ebensowenig wie deren Hinterlassenschaften, in Form von Glasscherben, Erbrochenem und weiteren unappetitlichen Details.

Natürlich hätte ich am Morgen bis Tetschen (Děčín) noch komplett an der Elbe entlang fahren können. Doch ein Anstieg am Morgen vertreibt ... die Kühle aus den Knochen. Überdies waren die Straßen sowieso noch naß, weil es morgens Regenschauer gegeben hatte. Als Fernziel plante ich den Herrenhausfelsen (Panská skála) ein, war mir jedoch nicht sicher, ob ich bis dorthin fahren würde. Bei der morgendlichen Tourenrecherche fiel mir dabei auf Cykloatlas-online eine neu errichtete Fahrradstraße (Trasse 3056) auf, die ich unbedingt erkunden wollte. Der Anlage des Radwegs nach zu urteilen, verlief sie auf einer ehemaligen Bahnstrecke.

Auf dem Weg bis dahin kam ich durch das Tal des Polzen (Ploučnice) wirklich flott voran, so daß ich erst kurz vor Böhmich Leipa (Česká Lípa) nach Norden abbog. Im Nachhinein ärgere ich mich beinahe darüber, daß ich nicht bis in die Stadt gefahren bin. Denn so hätte ich bereits ab dort den nagelneuen Cyklostezka Varhany erkunden können. Allerdings wäre ich da auch nicht einen meiner tschechischen Mitfahrer beim diesjährigen Italien-Trip begegnet. Wenige Kilometer vor dem Abzweig zur Radstraße kam der Student mit seinem Rennrad hinter mir angeschossen. Es war ein entspanntes Schwatzen - übrigens auch darüber, daß der Giro d'Italia an diesem Tag genau durch "unser" Gebiet in der Toskana führte. Am Berg schickte ich ihn dann wieder in die Spur, denn er ist logischerweise viel schneller.

Eisenbahnromatik am Cyklostezka Varhany
Mit dem oben genannten Rail-Trail - benannt nach dem Ziel der Strecke, den Orgeln (Varhany = Panská skála) in Parchen (Prácheň) - ist den Tschechen jedenfalls ein ganz großer Wurf gelungen! Perfekter Belag, eine wunderschöne Trassenführung (freilich entsprechend der alten Bahnstrecke) und die herrliche Landschaft lassen das Herz vor Freude große Sprünge machen. Obwohl es bis zum Herrenhausfelsen stetig bergauf geht und dabei auf den 13 km ab Ober-Liebich (Horní Libchava) immerhin 300 Höhenmeter überwunden werden müssen, läßt sich dieser Anstieg sehr gut bewältigen. Schließlich mußte ja früher hier auch der Zug hinaufkommen. In der Gegenrichtung bietet die Fahrradstraße bis Böhmisch Leipa für radfahrende Familien mit Kindern ein ebenfalls langes Vergnügen, dann bergab. Auf meinem Tourtrack (Link s.u.) beginnt der von mir befahrene Abschnitt bei km 74,6 und endet bei 87,8.

Der Herrenhausfelsen selbst lohnt unbedingt einen Besuch, auch wenn einem als Nicht-Fußgänger die Besteigung des Gipfels nicht möglich ist. Die Wiese an einem kleinen See mit den gleichmäßig geformten Basaltsäulen darüber ist jedoch ein wunderbarer Platz für eine Pause. Mit dem Handbike war ich hier zum ersten Mal im Jahr 2009.

Der Rückweg verlief trotz Gegenwind fast genauso zügig, so daß ich mich in Bad Schandau entschied, den Elbradweg komplett bis Pirna zu meiden. Das erforderte zwar noch etliche Zusatzhöhenmeter, doch war ich wenigstens vor unangenehmen Überraschungen (s.o.) sicher. In Lohmen gab es schließlich zur Belohnung noch etwas Schwein vom Spieß und 'ne Cola.

Meiner Energiebilanz hat das ganz sicher nicht geschadet.

Track der Handbiketour vom 14.05.2015

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