31. Oktober 2017

Nur für Kilometerfresser

Angesichts des naßkalten und windigen Wetters genehmige ich mir heute einen tourenfreien Tag. Mit dem Wind hatte ich bereits auf meiner vorangegangenen Ausfahrt genug zu kämpfen, den Regen gab's dafür am Sonnabend. Da bin ich noch einmal in Richtung Osterzgebirge gefahren. Um diese Zeit kann man sich nicht mehr sicher sein, ob beim nächsten Mal nicht schon Schnee auf den Wiesen liegt, wie auf dem Bild von Geising im Oktober 2009 zu sehen ist.

Die Straße durch das Müglitztal ist trotz des Kraftverkehrs - der sich zu früher Stunde jedoch in Grenzen hält - meine Lieblingsanfahrt. Für mich hat das Fahren auf ihr inzwischen beinahe meditativen Charakter, denn beim stetig leichten Bergauf der kurvenreichen Straße kann ich komplett abschalten. Nur die Bewegung zählt. Überdies ist die Strecke eine nahezu idealtypische Auffahrt, bei der ohne einen einzigen Meter Höhenverlust auf rund 40 km mehr als 700 Höhenmeter bewältigt werden (s. a. das Höhenprofils des Tracks vom 28.10.). - Der ausdauernde Nieselregen war dennoch unangenehm.

Diesmal bog ich in Geising von der Hauptstraße nach Altenberg ab, um am Ortsausgang hinter dem Hüttenteich auf einem fast vergessenen, jedoch perfekt asphaltierten Radweg hinauf nach Fürstenau zu klettern (s. Track vom 28.10., km 43,9 - 46,8). So einsam, so idyllisch war es dort hinten. Während ich sonst eher auf der böhmischen Seite entlang der Grenze fahre, ging es anschließend weiter durch die deutschen Grenzorte Müglitz, Fürstenau, Liebenau (Ortseingang), Breitenau, Oelsen (Ortseingang) und Hellendorf. Auch das ist in weiten Teilen eine sehr abgelegene Ecke, wo ich auf hervorragend asphaltierten Straßen während dieser mehr als 20 Kilometer nur etwa einer Handvoll Autos begegnet bin. Gerade das aber macht die Gegend für mich so reizvoll.

Den Sonntag verbrachte ich in meinen vier Wänden. Bei dem Sturm, der bedenklich an den Dachziegeln meiner Dachgeschoßwohnung rüttelte, verboten sich nahezu von selbst jegliche Außenaktivitäten.

Die Ergebnisse des Tages konnte ich dafür dann gestern in Natur begutachten. Auf meinem Rückweg mit dem Handbike von Saupsdorf durch das Kirnitzschtal nach Bad Schandau mußte ich dabei einen ungeplanten Umweg über als "Radroute im Nationalpark" ausgeschilderte Forststraßen in Kauf nehmen, um ans Ziel zu gelangen (s. Track vom 30.10., km 69,7 - 74,1). Im Tal waren etliche Bäume umgestürzt, teilweise sogar über die Straße hinweg. Manchmal hatten sie zugleich auch das gesamte Erdreich mitgerissen und die Felsen, auf denen sie standen, dadurch "skalpiert". Die Männer vom THW, Forst und Feuerwehr waren bestimmt schon seit den Morgenstunden im Dauereinsatz, jedenfalls ließen das die zahlreichen beräumten Stellen entlang der Straße vermuten. Doch das Stück zwischen Neumann- und Felsenmühle wurde gerade noch freigeschnitten und zwang mich zu dem Extrazackel. Bloß gut, daß keine umgestürzten Bäume mehr auf der Ausweichstrecke lagen!

Bei Rathen stehen die Felsen der Bastei wie eine Mauer über der Elbe
(Aufnahmeort)
1,5 Stunden zuvor hatte ich am Grenzübergang Sebnitz dafür wieder einmal eines jener seltenen Erlebnisse der anderen Art. Wenn ich auf der Hauptstraße mit meinem Handbike fahre, kommt es ab und zu vor, daß Autofahrer dennoch aus einer links mündenden Nebenstraße in diese einbiegen, obwohl ich mich bereits im Kreuzungsbereich befinde. Sie fahren dann einen engeren Bogen und lassen mir damit genügend Platz zum Weiterfahren. Für sie ist es ok, und für mich geht das auch in Ordnung, denn jeder beobachtet beim Abbiegevorgang den anderen. Leben und leben lassen ... Gestern aber lief es nicht so. Da kam die Fahrerin mir bedrohlich nah, so daß ich wütend mit der Hand gegen ihr Auto schlug (man sieht: es war also wirklich knapp). Erschrocken fuhr die ältere Dame unmittelbar danach rechts ran und hielt. Sie fragte mich, ob mir etwas passiert wäre, und entschuldigte sich wortreich. Sie hätte mich überhaupt nicht bemerkt. Mein Zorn war damit augenblicklich verraucht.

Wer sich zu einem eigenen Fehler bekennt und sich auch noch angemessen dafür entschuldigt, statt nach Ausreden zu suchen, hat bei mir immer gute Karten. Einsicht und das Anerkennen eigener Fehler sind Tugenden, die in unserer Zeit immer mehr verloren gehen. Doch bei so viel Anstand konnte ich einfach nicht mehr böse sein.

Jeder sollte sich mal selbst an die eigene Nase fassen!

Track der Handbiketour vom 28.10.2017
Track der Handbiketour vom 30.10.2017

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